Sein Leben




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Dienen und Hingabe
Jesus hat all diese vielfältigen Aspekte seines Priestertums in dem einen Satz zusammengefasst: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mk 10,45). Dienen und darin sich selbst geben; Sein nicht für sich, sondern für die anderen von Gott her und auf Gott hin: das ist der tiefste Kern der Sendung Jesu Christi und zugleich das wahre Wesen seines Priestertums.
Predigt bei der Bischofsweihe am Fest Mariä Namen, 12. September 2009



Der Herr kommt als Knecht
[Jesus] hat das Wort " Diener", Knecht" zu seinem höchsten Würdetitel gemacht. Er hat darin eine Umwertung der Werte vollzogen, uns ein neues Gottes und Menschenbild geschenkt. Jesus kommt nicht als einer der Herren dieser Welt, sondern er, der wahre Herr, kommt als Knecht. Sein Priestertum ist nicht Herrschaft, sondern Dienst: dies ist das neue Priestertum Jesu Christi nach der Ordnung des Melchisedek.
Predigt bei der Bischofsweihe am Fest Mariä Namen, 12. September 2009



Der Neue
Das eigentlich Neue des Neuen Testaments sind nicht neue Ideen, sondern die Gestalt Christi selber, der den Gedanken Fleisch und Blut, einen unerhörten Realismus gibt. Schon im Alten Testament besteht das biblisch Neue nicht einfach in Gedanken, sondern in dem unerwarteten und in gewisser Hinsicht unerhörten Handeln Gottes. Dieses Handeln Gottes nimmt seine dramatische Form nun darin an, dass Gott in Jesus Christus selbst dem "verlorenen Schaf", der leidenden und verlorenen Menschheit, nachgeht. Wenn Jesus in seinen Gleichnissen von dem Hirten spricht, der dem verlorenen Schaf nachgeht, von der Frau, die die Drachme sucht, von dem Vater, der auf den verlorenen Sohn zugeht und ihn umarmt, dann sind dies alles nicht nur Worte, sondern Auslegungen seines eigenen Seins und Tuns. In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten — Liebe in ihrer radikalsten Form. Der Blick auf die durchbohrte Seite Jesu, von dem Johannes spricht (vgl. 19, 37), begreift, was Ausgangspunkt dieses Schreibens war: "Gott ist Liebe" (1 Joh 4, 8). Dort kann diese Wahrheit angeschaut werden.
Enzyklika "Deus Caritas Est", 25. Dezember 2005



Mittelpunkt ist der Primat Gottes
Jesus spricht mit dem Vater: Das ist die Quelle und der Mittelpunkt all dessen, was Jesus tut; wir sehen, dass sein Predigen, die Heilungen, die Wunder und schliesslich das Leiden diesem Mittelpunkt entspringen, seinem Zusammensein mit dem Vater. Und so lehrt uns dieses Evangelium [Mk 1,29-39], was der Mittelpunkt des Glaubens und unseres Lebens ist: der Primat Gottes. Wo Gott nicht ist, dort wird auch der Mensch nicht mehr respektiert. Nur wenn der Glanz Gottes auf dem Antlitz des Menschen erstrahlt, ist der Mensch das Abbild Gottes, von einer Würde geschützt, die niemand mehr verletzen darf.
Predigt in der Pfarrkirche "Sant’ Anna" im Vatikan, 5. Februar 2006



Die "Hand Gottes"
Heute berichtet das Evangelium von der Heilung eines Aussätzigen. Sehr eindrucksvoll beschreibt es die Intensität der Beziehung zwischen Gott und Mensch, die in einem einzigartigen Dialog zusammengefasst ist: "Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde", sagt der Aussätzige. "Ich will es - werde rein!", antwortet ihm Jesus, berührt ihn mit seiner Hand und befreit ihn vom Aussatz (vgl. Mk 1,40-42). Hier sehen wir gewissermassen die gesamte Heilsgeschichte konzentriert: Jene Geste Jesu, der die Hand ausstreckt und den mit Wunden bedeckten Körper des ihn um Hilfe bittenden Menschen berührt, ist vollendeter Ausdruck des Willens Gottes, sein gefallenes Geschöpf wieder herzustellen und ihm das Leben in Fülle wiederzugeben (vgl. Joh 10,10) - das ewige, vollkommene, glückliche Leben. Christus ist die "Hand" Gottes, die sich der Menschheit entgegenstreckt, damit diese aus dem Treibsand von Krankheit und Tod herausfindet und ihre Füsse auf den festen Fels der Liebe Gottes stellen kann (vgl. Ps. 40,2-3).
Angelus, 12. Februar 2006



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Eins mit Gott
Jesus ist nicht mehr im Grab. Er ist in einem ganz neuen Leben. Aber wie war das möglich? Welche Kräfte wirkten da? Entscheidend ist, dass dieser Mensch Jesus nicht allein war, kein in sich abgeschlossenes Ich. Er war eins mit dem lebendigen Gott, so sehr eins, dass er nur eine Person mit ihm bildete. Er stand sozusagen nicht nur in einer gefühlsmässigen, sondern in einer sein Sein umspannenden und es durchdringenden Umarmung mit dem, der das Leben selber ist. Sein eigenes Leben war nicht bloss sein Eigen, es war Mitsein und Insein mit Gott, und daher konnte es ihm gar nicht wirklich genommen werden. Er konnte sich aus Liebe töten lassen, aber gerade so zerbrach er die Endgültigkeit des Todes, weil in ihm die Endgültigkeit des Lebens da war. Er war so eins mit dem unzerstörbaren Leben, dass es durch den Tod hindurch neu aufbrach.
Predigt in der Osternacht, 15. April 2006



Durch die Liebe gesiegt
Der Herr hat am Kreuz gesiegt. Er hat nicht mit einem neuen Reich gesiegt, mit einer Kraft, die stärker ist als die anderen Kräfte und fähig, diese zu zerstören; er hat nicht auf menschliche Weise gesiegt, wie wir es uns vorstellen, mit einem Reich, das stärker ist als das andere Reich. Er hat mit einer Liebe gesiegt, die in der Lage ist, bis zum Tod zu gehen. Das ist die neue Weise, auf die Gott siegt: Er setzt der Gewalt keine stärkere Gewalt entgegen. Er setzt der Gewalt genau das Gegenteil entgegen; die Liebe bis zum Ende, sein Kreuz. Das ist die demütige Weise, auf die Gott siegt: Durch seine Liebe – und nur so ist es möglich – setzt er der Gewalt eine Grenze. Diese Weise zu siegen scheint uns sehr langsam zu sein, aber sie ist die wahre Weise, um das Böse zu besiegen, um die Gewalt zu besiegen, und wir müssen uns dieser göttlichen Weise zu siegen anvertrauen. Uns anvertrauen heisst, aktiv in diese göttliche Liebe einzutreten, an dieser Friedensarbeit teilzuhaben, um uns auf einer Linie zu befinden mit dem, was der Herr sagt: "Selig, die Frieden stiften, die Frieden wirken, denn sie sind Kinder Gottes".
Gebetsstunde in der Pfarrkirche von Rhemes-Saint Georges, 23. Juli 2006



Das Herz Jesu
Der Glaube, als Frucht der Erfahrung der Liebe Gottes verstanden, ist eine Gnade, eine Gabe Gottes. Aber der Mensch wird den Glauben nur in dem Masse als eine Gnade erfahren können, in dem er ihn in seinem Inneren als ein Geschenk annimmt, aus dem er zu leben sucht. Die Verehrung der Liebe Gottes, zu der die Enzyklika Haurietis aquas die Gläubigen einlud, soll uns helfen, unablässig daran zu denken, dass Christus freiwillig dieses Leiden "für uns", "für mich" auf sich genommen hat. Wenn wir das Herz Jesu verehren, anerkennen wir nicht nur voll Dankbarkeit Gottes Liebe, sondern öffnen uns immer mehr seiner Liebe, so dass unser Leben zunehmend von ihr geformt wird. Gott, der seine Liebe ausgegossen hat "in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist" (Röm 5,5), lädt uns unermüdlich ein, seine Liebe anzunehmen, die Einladung, sich ganz der heilbringenden Liebe Christi hinzugeben und sich ihr zu weihen (vgl. Haurietis aquas 4), hat daher als erstes Ziel die Beziehung zu Gott. Das ist der Grund, warum diese [Herz-Jesu-] Verehrung, die ganz der Liebe Gottes gilt, der sich für uns opfert, für unseren Glauben und für unser Leben in der Liebe von so unersetzlicher Bedeutung ist.
Brief an den Generaloberen der Gesellschaft Jesu, 15. Mai 2006



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Die durchbohrte Seite des Erlösers
Die aus der Verehrung der durchbohrten Seite des Erlösers geschöpfte Erfahrung der Liebe schützt uns vor der Gefahr, uns in uns selbst zu verschliessen, und macht uns verfügbarer für ein Leben für die anderen, "daran habe wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben" (1 Joh 3,16; vgl. Haurietis aquas, 38). Die Antwort auf das Liebesgebot wird nur durch die Erfahrung ermöglicht, dass uns diese Liebe schon zuvor von Gott geschenkt worden ist (vgl. Deus caritas est, 14). Die Verehrung der Liebe, die sichtbar wird im Geheimnis des Kreuzes, das in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig ist, bildet also die Grundlage dafür, dass wir Menschen werden können, die zu Liebe und Hingabe fähig sind (vgl. Haurietis aquas, 69),indem sie zu Werkzeugen in den Händen Christi werden: Nur auf diese Weise ist es möglich, glaubwürdige Verkünder seiner Liebe zu sein. Diese Sich-öffnen für den Willen Gottes muss aber beständig erneuert werden: "Liebe ist niemals fertig und vollendet (Deus caritas est, 17). Der Blick auf die "von der Lanze durchbohrte Seite", in welcher der unendliche Heilswille Gottes aufleuchtet, kann also nicht lediglich als eine vorübergehende Frömmigkeitsform betrachtet werden: Die Anbetung der Liebe Gottes, die im Symbol des "durchbohrten Herzens" ihren frömmigkeitsgeschichtlichen Ausdruck gefunden hat, bleibt für eine lebendige Gottesbeziehung unverzichtbar.
Brief an den Generaloberen der Gesellschaft Jesu, 15. Mai 2006



Himmelfahrt
Die Himmelfahrt Christi ist keine Weltraumfahrt zu den fernsten Gestirnen; denn im Grunde genommen bestehen auch die Gestirne, ebenso die Erde, aus physischen Elementen. Die Himmelfahrt Christi bedeutet, dass er nicht mehr der Welt der Vergänglichkeit und des Todes angehört, die unser Leben bedingt. Sie bedeutet, dass er vollkommen Gott gehört. Er – der ewige Sohn – hat unser Menschsein vor das Angesicht Gottes getragen, er hat das Fleisch und Blut in einer verwandelten Gestalt mit sich getragen. Der Mensch findet Raum in Gott; durch Christus wurde das menschliche Sein in das innerste Leben Gottes selbst hineingenommen. Und da Gott den ganzen Kosmos umfasst und trägt, bedeutet die Himmelfahrt des Herrn, dass sich Christus nicht von uns entfernt hat, sondern dass er jetzt, weil er beim Vater ist, jedem von uns für immer nah ist. Jeder von uns darf zu ihm "Du" sagen; jeder kann ihn anrufen. Der Herr befindet sich immer in Hörweite. Wir können uns innerlich von ihm entfernen. Wir können leben, indem wir ihm den Rücken zukehren. Aber er erwartet uns immer und ist uns immer nahe.
Predigt zur feierlichen Inbesitznahme der Kathedrale des Bischofs von Rom in der Lateranbasilika, 7. Mai 2005



Hochzeit
Jesus wirkt kein Mirakel [bei der Hochzeit in Kana], spielt nicht mit seiner Macht in einer eigentlich ganz privaten Angelegenheit. Nein, er wirkt ein Zeichen, mit dem er seine Stunde ankündigt, die Stunde der Hochzeit, die Stunde der Vereinigung zwischen Gott und Mensch. Er "macht" nicht einfach Wein, sondern er verwandelt die menschliche Hochzeit in ein Bild des göttlichen Hochzeitfestes, zu dem der Vater durch den Sohn einlädt und in dem er die Fülle des Guten schenkt, die in der Fülle des Weines dargestellt ist. Die Hochzeit wird zum Bild jenes Augenblickes, indem Jesus die Liebe bis zum Äussersten führt, seinen Leib aufreissen lässt und so sich für immer uns schenkt, Einheit mit uns wird – Hochzeit zwischen Gott und Mensch. Die Stunde des Kreuzes, die Stunde, von der das Sakrament kommt, in dem er wirklich sich uns mit Fleische und Blut gibt, seinen Leib in unsere Hände und unser Herz legt – das ist die Stunde der Hochzeit.
Predigt in Altötting, 11. September 2006



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Jesus um Erklärungen bitten
Hier [beim Letzten Abendmahl] sagt Jesus nach der Ankündigung seines bevorstehenden Todes, dass er gehe, um für die Jünger einen Platz vorzubereiten, damit auch sie dort seien, wo er ist; und er erläutert ihnen: "Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr" (Joh 14,4). Da greift Thomas ein und sagt: "Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?" (Joh 14,5). Tatsächlich stellt er sich mit dieser Bemerkung auf eine relativ niedrige Verständnisebene, aber seine Frage veranlasst Jesus, das berühmte Wort auszusprechen: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6). Es ist also primär Thomas, an den sich diese Offenbarung richtet; sie gilt aber für uns alle und für alle Zeiten. Jedesmal wenn wir diese Worte hören oder lesen, können wir in Gedanken neben Thomas stehen und uns vorstellen, dass der Herr auch mit uns so spricht, wie er mit ihm gesprochen hat. Gleichzeitig gibt seine Frage auch uns sozusagen das Recht, Jesus um Erklärungen zu bitten. Oft begreifen wir ihn nicht. Haben wir den Mut zu sagen: Ich verstehe dich nicht, Herr, höre mich, hilf mir zu begreifen! Auf diese Weise, mit diesem Freimut, der die wahre Art des Betens, des Sprechens mit Jesus ist, bringen wir die Begrenztheit unserer Verständnisfähigkeit zum Ausdruck, während wir gleichzeitig die vertrauensvolle Haltung desjenigen einnehmen, der das Licht und die Kraft von dem erwartet, der sie zu schenken vermag.
Generalaudienz, 27. September 2006



Mit dem Herzen wahrnehmen
Thaddäus sagt zum Herrn: "Herr, warum willst du dich nur uns offenbaren und nicht der Welt?" Das ist eine Frage von grosser Aktualität, die auch wir an den Herrn richten: Warum hat sich der Auferstandene nicht seinen Widersachern in seiner ganzen Herrlichkeit offenbart, um zu zeigen, dass der Sieger Gott ist? Warum hat er sich nur seinen Jüngern offenbart? Die Antwort Jesu ist geheimnisvoll und tiefgründig. Der Herr sagt: "Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihm lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen" (Joh 14,22-23). Das will besagen, dass der Auferstandene gesehen und auch mit dem Herzen wahrgenommen werden muss. Damit Gott in uns wohnen kann. Der Herr erscheint nicht wie eine Sache. Er will in unser Leben eintreten, und darum ist seine Offenbarung eine Offenbarung, die ein offenes Herz einschliesst und voraussetzt. Nur so sehen wir den Auferstandenen.
Generalaudienz, 11. Oktober 2006



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Der reiche Jüngling
Jesus kann also wirklich ein glückliches Dasein und das ewige Leben garantieren, allerdings auf eine andere Weise, als der reiche Jüngling es sich vorstellte: nämlich nicht durch ein gutes Werk, eine Gesetzeserfüllung, sondern in der Entscheidung für das Reich Gottes als "kostbare Perle", für die es sich lohnt, alles zu verkaufen, was man besitzt (vgl. Mt 13,45-46). Dem reichen Jüngling gelingt es nicht, diesen Schritt zu tun. Obwohl ihn der liebevolle Blick Jesu getroffen hatte( vgl. Mk 10,21), gelang es ihm nicht, sich in seinem Herzen von den vielen Gütern, die er besass, zu trennen. Das ist nun die Lehre für die Jünger: "Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!" (Mk 10,23). Die irdischen Reichtümer nehmen Geist und Herz in Beschlag und versetzen sie in Unruhe. Jesus sagt nicht, dass sie schlecht seien, aber dass sie von Gott wegführen, wenn sie nicht sozusagen "investiert" werden für das Himmelreich, das heisst also verwandt werden, um dem zu Hilfe zu kommen, der in Armut lebt.
Predigt bei der Eucharistiefeier zur Heiligsprechung, 15. Oktober 2006



Taube hören und Stumme sprechen
"Er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen" (vgl. Mk 7,31-37). Auch wir könnten diese Worte wiederholen, die die Bewunderung der Menschen angesichts der von Jesus vollbrachten Heilung eines Taubstummen zum Ausdruck bringen, wenn wir die wunderbare Blüte des Einsatzes für die Wiederherstellung der Einheit der Christen sehen. Erinnert man sich an den Weg der letzten 40 Jahre, überrascht es, wie der Herr uns aus der Trägheit der Selbstgenügsamkeit und Gleichgültigkeit geweckt hat; wie er uns immer fähiger macht, "aufeinander zu hören" und uns nicht bloss "wahrzunehmen"; wie er unsere Zunge gelöst hat, so dass das Gebet, das wir zu ihm erheben, mehr Überzeugungskraft für die Welt hat. Ja, es ist wahr, der Herr hat uns viele Gnaden gewährt, und das Licht seines Geistes hat viele Zeugen erleuchtet. Sie haben gezeigt, dass durch das Gebet alles erreicht werden kann, wenn wir es verstehen, vertrauensvoll und demütig dem göttlichen Gebot der Liebe zu gehorchen und den inständigen Wunsch Christi nach der Einheit aller seiner Jünger zu erfüllen.
Generalaudienz, 24. Januar 2007



Die Verklärung
Ein Detail der Erzählung des hl. Lukas verdient es, hervorgehoben zu werden: nämlich der Hinweis auf den Inhalt des Gesprächs Jesu mit Mose und Elija, die neben dem Verklärten erschienen waren. Sie "sprachen" – berichtet uns der Evangelist – "von seinem Ende (auf Griechisch éxodos), das sich in Jerusalem erfüllen sollte" (9, 31). - Jesus hört also das Gesetz und die Propheten, die zu ihm von seinem Tod und seiner Auferstehung sprechen. In seinem innigen Dialog mit dem Vater verlässt er die Geschichte nicht; er entzieht sich nicht der Sendung, für die er in die Welt gekommen ist, auch wenn er weiss, dass er das Kreuz auf sich nehmen muss, um zur Herrlichkeit zu gelangen. Ganz im Gegenteil: Christus dringt tiefer in diese Sendung ein, er hält mit seinem ganzen Selbst am Willen des Vaters fest und zeigt uns, dass das wahre Gebet gerade darin besteht, unseren Willen mit dem Willen Gottes zu vereinen.
Angelus, 4. März 2007



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Nicht Rückkehr sondern Übergang zu neuem Leben
Jesus Christus zeigt sich den Seinen als der, der lebt. Aber er ist nicht einfach in das vorige Leben zurückgekehrt wie Lazarus, in ein Leben, das dann wieder irgendwann mit dem Tod endet. Sondern er ist in ein neues, definitives Leben hinübergegangen. Sein Leben, sein neues, ist nicht Rückkehr, sondern Übergang, Weg ins Neue. Und das bedeutet, dass auch wir nicht erkennen, indem wir rückwärts gehen, sondern indem wir mit ihm vorwärts gehen, die neue Beziehung zu ihm suchen, die aus dem Glauben an die Auferstehung kommt. Bei Thomas ist das so dargestellt: Während Maria Magdalena ihn festzuhalten, ins vorige Leben zurückzunehmen versucht und ihr gesagt wird: Du kannst mich nicht festhalten, weil ich nur im Aufstieg zum Vater überhaupt zu berühren bin, reicht er Thomas die Wundmale dar, damit er sieht, dass er als Auferstandener die Wundmale mit sich genommen hat und immerfort unsere Leiden versteht und als Auferstandener sie zu Gott hin trägt. So hat Thomas über das menschliche Wiedererkennen hinaus ihn als den erkannt, der er eigentlich ist: "Mein Herr und mein Gott" (Joh 20,28). Wir bitten darum, dass wir im Glauben und in der Liturgie ihn so berühren und dann ihn auch so erkennen – "mein Herr und mein Gott."
Generalaudienz, 11. April 2007



Glauben an die Auferstehung erneuern
"Mein Herr und mein Gott!" Gemeinsam wollen auch wir das Glaubensbekenntnis des Thomas erneuern. Als österlichen Glückwunsch habe ich in diesem Jahr gerade seine Worte gewählt, denn die heutige Menschheit erwartet von den Christen ein neuerliches Zeugnis der Auferstehung Christi; sie hat es nötig, ihm zu begegnen und ihn kennenzulernen als wahren Gott und wahren Menschen. Wenn wir bei diesem Apostel die Zweifel und Unsicherheiten so vieler heutiger Christen, die Ängste und Enttäuschungen unzähliger unserer Zeitgenossen feststellen können, dann können wir mit ihm auch den Glauben an den für uns gestorbenen und auferstandenen Christus mit erneuter Überzeugung wiederentdecken. Dieser Glaube, der im Laufe der Jahrhunderte von den Nachfolgern der Apostel weitergegeben wurde, besteht weiter, denn der auferstandene Herr stirbt nicht mehr. Er lebt in der Kirche und führt sie sicher bis zur Vollendung seines ewigen Heilsplanes.
Botschaft zum Segen "Urbi et Orbi", 8. April 2007



Logik der Liebe
Es gibt in diesem Abschnitt des Evangeliums [Gastmal in Betanien] eine Geste, die unsere Aufmerksamkeit weckt und die auch jetzt unsere Herzen in besonderer Weise berührt: Maria von Betanien nahm mit einem Mal "ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füsse und trocknete sie mit ihrem Haar" (Joh 12,3). Dies ist eine jener Einzelheiten aus dem Leben Jesu, die Johannes in seinem Herzen bewahrt hat und die eine unglaubliche Ausdruckskraft beinhalten. Sie spricht von der Liebe zu Christus, einer wunderbaren, überströmenden Liebe, wie diese über seine Füsse ausgegossene "kostbare" Salbe. Eine Tat, die Judas Iskariot natürlich empörte: die Logik der Liebe kollidiert mit der Logik des Profits.
Predigt zum 2. Todestag des Dieners Gottes Johannes Paul II., 2. April 2007



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Seelen retten
Sein Ziel ist es, eine Seele zu retten und offenbar zu machen, dass sich das Heil nur in der Liebe Gottes findet. Dazu ist er auf die Erde gekommen, dafür wird er am Kreuz sterben, und der Vater wird ihn am drittem Tag auferwecken. Jesus ist gekommen, um uns zu sagen, dass er uns alle im Paradies haben will und dass die Hölle, von der man in unserer Zeit wenig spricht, existiert und ewig ist für alle, die ihr Herz vor seiner Liebe verschliessen.
Predigt in der Pfarrei "Santa Felicita e figli martiri" in Rom, 25. März 2007



Jesu Sterben ist ein Akt der Liebe
In seinen Abschiedsreden hat Jesus den Jüngern seinen bevorstehenden Tod und seine Auferstehung mit einem geheimnisvollen Satz angekündigt. Er sagt: "Ich gehe und ich komme zu euch" (Joh 14,28). Sterben ist ein Weggehen, auch wenn der Körper des Toten noch bleibt, er selbst ist weggegangen ins Unbekannte, und wir können ihm nicht folgen (vgl. Joh 13,36). Aber bei Jesus gibt es etwas einzigartig Neues, das die Welt verändert. Das Weggehen in unserm Tod ist definitiv. Es gibt keine Rückkehr. Jesus aber sagt über seinen Tod: "Ich gehe und ich komme zu euch." Gerade indem er geht, kommt er. Sein Gehen eröffnet eine ganz neue und grössere Weise seiner Anwesenheit. Er geht mit seinem Sterben hinein in die Liebe des Vaters. Sein Sterben ist ein Akt der Liebe. Die Liebe aber ist unsterblich. Deshalb verwandelt sich sein Weggehen in ein neues Kommen, in eine tiefer reichende und nicht mehr endende Form von Gegenwart.
Predigt in der Osternacht, 22. März 2008



Jesus ist durch den Akt der Liebe umgewandelt
In seinem irdischen Leben war Jesus wie wir alle an die äusseren Bedingungen unseres körperlichen Daseins gebunden: an diesen Ort, an diese Zeit. Die Leibhaftigkeit beschränkt unser Dasein. Wir können nicht gleichzeitig an einem und an einem anderen Ort sein. Unsere Zeit ist endlich. Und zwischen Ich und Du steht die Wand der Andersheit. Gewiss, in der Liebe können wir irgendwie in die Existenz des anderen eintreten. Dennoch bleibt die unüberschreitbare Schranke des Andersseins. Jesus aber, der nun ganz durch den Akt der Liebe umgewandelt ist, ist frei von diesen Schranken und Grenzen. Er kann nicht nur äusserlich Türen durchschreiten, die verschlossen sind, wie uns die Evangelien erzählen (vgl. Joh 20,19). Er kann die innere Tür von Ich und Du durchschreiten, die verschlossene Tür zwischen gestern und heute, zwischen damals und morgen.
Predigt in der Osternacht, 22. März 2008



Lieben wie er uns geliebt hat
Die Kirche hat die Sendung empfangen, allen dieses liebende Antlitz Gottes zu zeigen, das in Christus offenbar wurde. Sind wir in der Lage zu verstehen, dass im Gekreuzigten von Golgota unsere Würde als Kinder Gottes liegt, die von der Sünde verdunkelt war und die uns wieder geschenkt wurde? Richten wir unsere Blicke auf Christus. Er ist es, der uns frei machen wird, damit wir lieben können, wie er uns liebt, und damit wir eine versöhnte Welt aufbauen. Denn auf diesem Kreuz hat Jesus die Last aller Leiden und der Ungerechtigkeiten unserer Menschheit auf sich genommen. Er hat die Demütigungen und Diskriminierungen getragen, die Qualen, die so viele unserer Brüder und Schwestern in zahlreichen Regionen der Welt aus Liebe zu Christus erleiden. Wir vertrauen sie Maria an, der Mutter Jesu und unserer Mutter, die unterm Kreuz stand.
Predigt bei der Eucharistiefeier in Lourdes, 14. September 2008