Zeugnis




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2x hören
Der Priester, der Diakon, der Katechet, der Ordensmann und die Ordensfrau müssen einerseits verkündigen und Zeugen sein. Aber dazu müssen sie natürlich in einem zweifachen Sinne zuhören, einerseits indem sie die Seele für Christus öffnen und innerlich auf sein Wort hören, so dass es aufgenommen wird und mein Sein verändert und gestaltet. Andererseits indem man die Menschheit von heute hört, den Nächsten, den Menschen meiner Pfarrei, den Menschen, für den ich eine gewisse Verantwortung trage.
Ansprache an den Klerus von Rom, Lateranbasilika, 13. Mai 2005



Rede und Antwort
Der hl. Petrus, der erste Bischof von Rom, sagt in seinem ersten Brief, dass wir Christen bereit sein sollen, Rede und Antwort zu stehen für unseren Glauben. Das setzt voraus, dass wir selbst den Grund des Glaubens verstanden haben, dass wir dieses Wort, das für die anderen wirklich eine Antwort sein kann, mit dem Herzen, mit der Weisheit des Herzens und auch mit dem Verstand, wahrhaft verinnerlicht haben.
Ansprache an den Klerus von Rom, Lateranbasilika, 13. Mai 2005



Wesentliches
Wenn wir den Herrn gefunden haben und wenn er für uns das Licht und die Freude des Lebens ist, sind wir da sicher, dass jemand anderem, der Christus nicht gefunden hat, nicht etwas Wesentliches fehlt, und dass es nicht unsere Pflicht ist, ihm diese wesentliche Wirklichkeit anzubieten? Danach überlassen wir das, was geschehen mag, der Führung des Heiligen Geistes und der Freiheit eines jeden Einzelnen. Aber wenn wir überzeugt sind und wenn wir die Erfahrung der Tatsache gemacht haben, dass das Leben ohne Christus unvollständig ist, dass eine Wirklichkeit, dass die grundlegende Wirklichkeit fehlt, dann müssen wir auch überzeugt sein, dass wir niemandem Unrecht tun, wenn wir ihm Christus zeigen und ihm die Möglichkeit anbieten, so auch seine wahre Authentizität zu finden, die Freude, das Leben gefunden zu haben.
Ansprache an den Klerus von Rom, Lateranbasilika, 13. Mai 2005



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Weitergeben
Wer Christus entdeckt hat, muss andere zu Ihm führen. Eine grosse Freude kann man nicht für sich selbst behalten. Man muss sie weitergeben.
Köln, Abschlussgottesdienst, 21. August 2005



Auf seine Weise
Jeder Christ kann und soll auf seine Weise Zeuge des auferstandenen Christus sein. Wenn wir die Namen der Heiligen lesen, können wir sehen, wie oft es sich bei ihnen vor allem um einfache Menschen gehandelt hat – und das gilt auch heute noch -, Menschen von denen ein strahlendes Licht ausging – und ausgeht -, das zu Christus hinzuführen vermag.
Predigt zur feierlichen Inbesitznahme der Kathedrale des Bischofs von Rom in der Lateranbasilika, 7. Mai 2005



Treue bewahren
Die gegenwärtige Gesellschaft hinterfragt und beobachtet die Kirche und verlangt von ihr Kohärenz und Furchtlosigkeit im Glauben. Sichtbare Zeichen der Glaubwürdigkeit werden das gelebte Zeugnis, die Einheit der Gläubigen, der Dienst an den Armen und der unermüdliche Einsatz für ihre Menschenwürde sein. Bei der Evangelisierung muss man kreativ sein und immer die Treue zur Tradition der Kirche und ihrem Lehramt wahren.
Ansprache beim "Ad-limina"-Besuch der Bischöfe aus den nordwestlichen Kirchenprovinzen Mexikos, 8. September 2005



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Allen die Botschaft bringen
Der Geist ruft uns auf, jedem Menschen jene Liebe zu überbringen, die Gott Vater in Jesus Christus gezeigt hat. Diese Liebe ist aufmerksam, hochherzig, bedingungslos, und sie wird nicht nur jenen angeboten, die den Kündern dieser Liebe Gehör schenken, sondern auch jenen, die sie ignorieren oder zurückweisen. Jeder Gläubige muss sich berufen fühlen, als Gesandter Christi nach all jenen zu suchen, die sich von der Gemeinschaft entfernt haben, wie die Jünger von Emmaus, die von Trübsal erfüllt waren (vgl. Lk 24, 13–35). Bis an die Grenzen der Gesellschaft müssen wir gehen, um allen das Licht der Botschaft Christi über die Bedeutung des Lebens, der Familie und der Gesellschaft zu bringen und jene Personen zu erreichen, die in der Einöde der Verlassenheit und Armut leben, und sie mit der Liebe des auferstandenen Christus zu lieben. In jedem Apostolat und in der Verkündung des Evangeliums, »wäre ich nichts«, wie der hl. Paulus sagt, »hätte [ich] die Liebe nicht« (vgl. 1 Kor 13,2).
Ansprache an eine Pilgergruppe aus der Diözese Madrid, 4. Juli 2005



Seit den Anfängen
Seit den Anfängen der christlichen Verkündigung haben die bedürftigen und armen christlichen Gemeinschaften verschiedene Formen der Unterstützung erfahren durch Menschen, die sich in einer günstigeren Lebenssituation befinden. In der heutigen Zeit, die nicht selten von individualistischen Tendenzen geprägt ist, scheint es noch dringender, dass die Christen Zeugnis ablegen von einer grenzüberschreitenden Solidarität, um eine Welt aufzubauen, in der sich jeder aufgenommen und geachtet fühlt. All jene, die diese Sendung persönlich oder in Gemeinschaft erfüllen, werden zur Verbreitung einer wahren Liebe beitragen, einer Liebe, die das Herz befreit und überall jene Freude bereitet, »die niemand nehmen kann«, weil sie vom Herrn kommt.
Ansprache an die Teilnehmer der Jahresversammlung der Union der Hilfswerke für die orientalischen Kirchen (ROACO), 23. Juni 2005



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Zeugnis in der Erziehungsarbeit
Die zentrale Stellung in der Erziehungsarbeit und besonders in der Glaubenserziehung, die der Höhepunkt der Bildung der Person und ihr angemessenster Horizont ist, hat konkret die Gestalt des Zeugen: Er wird zum eigentlichen Bezugspunkt, da er Rechenschaft gibt über die Hoffnung, die sein Leben trägt (vgl. 1 Petr 3,15), und da er von der Wahrheit, die er vorlegt, persönlich betroffen ist. Andererseits verweist der Zeuge niemals auf sich selbst, sondern auf etwas, oder besser, auf jemanden, der grösser ist als er, dem er begegnet ist und dessen zuverlässige Güte er erfahren hat. So findet jeder Erzieher und Zeuge sein unübertreffliches Vorbild in Jesus Christus, dem grossen Zeugen des Vaters, der nichts von sich aus sagte, sondern so sprach, wie es ihn der Vater gelehrt hatte (vgl. Joh 8,28).
Schreiben bei der Eröffnung der Pastoraltagung der Diözese Rom zum Thema Familie, Lateranbasilika, 6. Juni 2005



An die Schweiz
Ich möchte die Schweizer Gesellschaft dazu ermutigen, gegenüber der sie umgebenden Welt offen zu bleiben, um ihren Platz in der Welt und in Europa zu wahren und auch, um ihre Talente in den Dienst der menschlichen Gemeinschaft zu stellen, vor allem der ärmsten Länder, die sich ohne diese Hilfe nicht entwickeln können. Ebenso wünsche ich, dass Ihr Land in der Überzeugung, dass die Aufnahme des anderen auch sein eigener Reichtum ist, weiterhin denjenigen offensteht, die auf der Suche nach Arbeit oder Schutz zu Ihnen gekommen sind. In der Welt, wo sich noch immer zahlreiche Konflikte entwickeln, ist es wichtig, dass der Dialog zwischen den Kulturen nicht allein die Angelegenheit der Verantwortungsträger der Nationen ist, sondern dass er von allen Bewohnern, in den Familien, in den Erziehungseinrichtungen, in der Arbeitswelt und in den sozialen Beziehungen, in Gang gebracht wird, um eine echte Kultur des Friedens aufzubauen.
Ansprache an den neuen Botschafter der Schweizerischen Eidgenossenschaft beim Hl. Stuhl, Herrn Jean François Kammer, 16. Juni 2005



Gemeinsames Zeugnis
Das gemeinsame Zeugnis, das ihr jenseits aller politischen und ethnischen Unterschiede ablegt, spielt eine entscheidende Rolle für die Heilung und Versöhnung der gemarterten Region, in der ihr lebt. Wenn man aufrichtig bemüht ist, Christus nachzufolgen - der "der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6) ist -, dann können Schwierigkeiten und Missverständnisse jeder Art überwunden werden, denn in ihm hat Gott die Welt mit sich versöhnt (vgl. 2 Kor 5,19) und in ihm können alle Menschen die Erfüllung ihrer tiefsten Sehnsüchte finden.



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Der Glaube als Kraftquelle unserer Zivilisation
Ich glaube, diese Zivilisation mit all ihren Gefahren und ihren Hoffnungen kann nur gebändigt und zu ihrer Grösse geführt werden, wenn sie die eigenen Kraftquellen wieder erkennt, wenn wir das Grosse wieder sehen, das dann dieser gefährdeten Möglichkeit des Menschseins seine Richtung und seine Grösse gibt. Wenn wir wieder Freude daran haben, dass wir in diesem Kontinent leben, der das Weltgeschick bestimmt hat – im Guten und im Bösen –, und dass wir damit gerade einen bleibenden Auftrag haben, wieder das Wahre, das Reine und das Grosse und Zukunftgebende zu entdecken und damit weiterhin und auf eine neue und wohl bessere Weise im Dienst der ganzen Menschheit zu stehen.
Interview mit Papst Benedikt XVI., Rom, 16. August 2005



Wiedererstarken der Kirche durch die Märtyrer
Wenn also das Blut der Märtyrer der Same neuer Christen ist, dann können wir berechtigterweise zu Beginn des dritten Jahrtausends ein neues Wiedererstarken der Kirche erwarten, vor allem dort, wo sie um des Glaubens und der Verkündigung des Evangeliums willen besonders gelitten hat.
Besuch in der Patriarchalbasilika St. Paul vor den Mauern, 25. April 2005



Nicht die Leistungsfähigkeit der Organisation
Aus den Gesprächen, die ich mit einem jeden von euch führte, gewann ich die Überzeugung, dass die Kirche in Bulgarien lebendig ist und den innigen Wunsch hat, inmitten der Gesellschaft, in der sie lebt, mit Begeisterung ihr Zeugnis Christus darzubringen. Ich ermutige euch, auf diesem Weg weiterzugehen, indem ihr euch bemüht, trotz aller Begrenztheit der euch zur Verfügung stehenden Kräfte des Evangelium der Hoffnung und der Liebe zu verbreiten: Der Herr vermag immer, unsere eventuellen Mängel und die Armseligkeit der uns zur Verfügung stehenden Mittel auszugleichen. Was zählt, ist nicht so sehr die Leistungsfähigkeit der Organisation, als vielmehr das unerschütterliche Vertrauen in Christus, denn Er ist es, der seine Kirche auch durch euren unentbehrlichen Dienst führt, lenkt und heiligt.
"Ad-limina"-Besuch der bulgarischen Bischöfe, 12. November 2005



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Ja zum Leben
Auch wir müssen in der heutigen Zeit nein sagen zu der in weiten Bereichen vorherrschenden Kultur des Todes, einer "Antikultur", die sich beispielsweise im Drogenproblem zeigt, in der Flucht vor der Realität in eine Scheinwirklichkeit, in ein falsches Glück, das seinen Ausdruck findet in der Lüge, im Betrug, in der Ungerechtigkeit, in der Verachtung der anderen, in der Verachtung der Solidarität und der Verantwortung für die Armen und Leidtragenden, sowie in einer Sexualität, die zum reinen Vergnügen ohne jedes Verantwortungsbewusstsein wird, wobei sozusagen eine "Versachlichung" des Menschen stattfindet, der nicht mehr als Person betrachtet wird, die der persönlichen Liebe und Treue würdig ist, sondern der zur Ware, zum blossen Objekt wird. Zu dieser Verheissung trügerischer Glückseligkeit, zu dieser "pompa" eines trügerischen Lebens, das in Wirklichkeit lediglich ein Werkzeug des Todes ist, zu dieser "Antikultur" sagen wir nein, um die Kultur des Lebens zu pflegen. Daher war dieses christliche Ja von der Antike bis heute immer ein deutliches Ja zum Leben. Das ist unser Ja zu Christus, das Ja zum Sieger über den Tod und das Ja zum Leben in der Zeit und in der Ewigkeit.
Predigt an der Tauffeier in der Sixtinischen Kapelle, 8. Januar 2006



Die 10 Gebote
Wir könnten auch sagen, dass das Antlitz Gottes, das der Inhalt dieser Kultur des Lebens, der Inhalt unseres grossen Ja ist, in den zehn Geboten zum Ausdruck kommt, die keine Bündelung von Verboten sind, in denen nur das Nein zum Ausdruck käme, sondern die in Wirklichkeit eine grosse Lebensvision aufzeigen. Sie sind ein Ja zu einem Gott, der dem Leben Sinn gibt (die drei ersten Gebote), Ein Ja zur Familie (viertes Gebot), ein Ja zum Leben (fünftes Gebot), ein Ja zu verantwortungsbewusster Liebe (sechstes Gebot), ein Ja zu Solidarität, sozialer Verantwortung und Gerechtigkeit (siebtes Gebot), ein Ja zur Wahrheit (achtes Gebot), ein Ja zur Achtung anderer Menschen und dessen, was ihnen gehört (neuntes und zehntes Gebot).Das ist die Philosophie des Lebens, es ist die Kultur des Lebens, die konkret, umsetzbar und schön wird in Gemeinschaft mit Christus, dem lebendigen Gott, der mit uns geht in der Gemeinschaft seiner Freunde, in der grossen Familie der Kirche.
Predigt an der Tauffeier in der Sixtinischen Kapelle, 8. Januar 2006



Irrtümer der Jünger Jesu
Wir können unsere Augen nicht verschliessen vor den Irrtümern, die im Laufe der Geschichte von vielen begangen worden sind, die sich Jünger Jesu nannten. Von schweren Problemen bedrängt haben sie nicht selten gedacht, man müsse zuerst die Erde verbessern und dann an den Himmel denken. Es gab die Versuchung, angesichts drückender Zwänge zu meinen, man müsse zuerst die äusseren Strukturen verändern. Für manchen wandelte sich so das Christentum in Moralismus, und der Glauben wurde durch das Tun ersetzt.
Botschaft zur Fastenzeit, 29. September 2005



Allererster Dienst
Die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums sind der allererste Dienst, den die Christen jedem einzelnen Menschen und dem ganzen Menschengeschlecht leisten können, sind sie doch dazu aufgerufen, allen die Liebe Gottes zu vermitteln, die im einzigen Erlöser der Welt, Jesus Christus, ganz offenbart worden ist.
Ansprache an die Teilnehmer am Kongress zum 40. Jahrestag des Konzilsdekrets "Ad gentes", 11. März 2006



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Soziale Verpflichtungen der Christen
Die Soziallehre der Kirche und vor allem die Tätigkeit so vieler christlich inspirierter Vereinigungen,[...] zeigen, welch eine lange Wegstrecke die kirchliche Gemeinschaft im Hinblick auf dieses Thema bewältigt hat. In letzter Zeit ist uns allen [...] klarer geworden, dass Gerechtigkeit und Liebe die zwei untrennbaren Aspekte der einen sozialen Verpflichtung des Christen sind. Den gläubigen Laien kommt es in besonderer Weise zu, für eine gerechte Ordnung in der Gesellschaft dadurch zu wirken, dass sie persönlich am öffentlichen Leben teilnehmen und mit den anderen Bürgern in eigener Verantwortung zusammenarbeiten (vgl. Deus caritas est, 29). Wenn sie so handeln, sind sie von der "sozialen Liebe" beseelt, die sie offen macht für die Menschen als Menschen, für die Situationen grösster Not und Einsamkeit und auch für die Bedürfnisse, die nicht materieller Art sind (vgl. ebd., 28b).
Ansprache an die Italienische Christliche Union der Unternehmer, 4. März 2006



Reinigung für ein glaubwürdiges Zeugnis
Damit jeder von uns ein glaubwürdiger Zeuge ist, müssen wir uns reinigen. Bemüht Euch also um die überwindung der Schranken, die einem geeinten und lebendigen Zeugnis für Christus und Seine Kirche entgegenstehen. "Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch; seid ganz eines Sinnes und einer Meinung" (Kor 1,10). Diese Worte des Apostels Paulus an die Gemeinde von Korinth rufe ich auch Euch zu. Das Zeugnis der Kirche ist nur glaubwürdig, wenn das Zeugnis der Laien in Einheit mit dem Papst und den Bischöfen erfolgt. Das schliesst vom Geist bewegte lebendige Vielfalt ein, die aber nur dann wahrhaft lebendig bleibt, wenn sie nicht in Beliebigkeit zerrinnt. Nach innen wie nach aussen muss deutlich werden: Die Kirche ist ein gestalteter Ort der Wirklichkeit und Gegenwart Gottes unter den Menschen.
Botschaft zum 96. Katholikentag in Saarbrücken, 21. Mai 2006



Unzählige Menschen...
Ja, hinter diesen Gedenksteinen verbirgt sich das Geschick von unzähligen Menschen, sie rütteln unser Gedächtnis auf, sie rütteln unser Herz auf. Nicht zum Hass wollen sie uns bringen: Sie zeigen uns, wie furchtbar das Werk des Hasses ist, sie wollen uns zur Einsicht bringen, die das Böse als Böses erkennt und verneint; sie wollen den Mut zum Guten, zum Widerstand gegen das Böse in uns wecken. Sie wollen uns zu jener Gesinnung bringen, die sich in den Worten ausdrückt, die Sophokles der Antigone angesichts des Grauens um sie herum in den Mund gelegt hat. "Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da."
Ansprache im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, 28. Mai 2006



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Sohn des deutschen Volkes
Papst Johannes Paul II. stand hier als Sohn des polnischen Volkes. Ich stehe hier als Sohn des deutschen Volkes, und gerade deshalb muss ich, darf ich wie er sagen: Ich konnte unmöglich nicht hierherkommen. Ich musste kommen. Es war und ist eine Pflicht der Wahrheit, dem Recht derer gegenüber, die gelitten haben, eine Pflicht vor Gott, als Nachfolger von Johannes Paul II. und als Kind des deutschen Volkes hier zu stehen – als Sohn des Volkes, über das eine Schar von Verbrechern mit lügnerischen Versprechungen, mit der Verheissung der Grösse, des Wiedererstehens der Ehre der Nation und ihrer Bedeutung, mit der Verheissung des Wohlergehens und auch mit Terror und Einschüchterung Macht gewonnen hatte, so dass unser Volk zum Instrument ihrer Wut des Zerstörens und des Herrschens gebraucht und missbraucht werden konnte. Ja, ich konnte unmöglich nicht hierherkommen.
Ansprache im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, 28. Mai 2006



Über jede Berechnung und jedes menschliche Interesse stellen
Im besonderen muss daran erinnert werden, was Johannes gemeinsam mit Petrus beim Prozess vor dem Hohen Rat sagt: "Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben" (Apg 4,20). Gerade dieser vorbildliche Freimut im Bekenntnis des eigenen Glaubens ist stets eine Mahnung an uns alle, immer bereit zu sein, mit Entschlossenheit unsere unerschütterliche Treue zu Christus zu verkünden, indem wir den Glauben über jede Berechnung und jedes menschliche Interesse stellen.
Generalaudienz, 5. Juli 2006



Der Eifer in Demut
Es muss das Miteinander von Eifer und Demut, das heisst der Anerkennung der eigenen Grenzen, geben. Einerseits der Eifer: Wenn wir Christus wirklich immer neu begegnen, können wir ihn nicht für uns behalten. Dann drängt es uns, zu den Armen, zu den Alten, zu den Schwachen und ebenso auch zu den Kindern und zu den Jugendlichen, zu den Menschen auf der Höhe des Lebens zu gehen, dann drängt es uns, "Evangelisten", Apostel Jesu Christi zu sein. Aber dieser Eifer, damit er nicht leer wird und uns zerstört, muss sich mit der Demut, der Bescheidung, mit der Annahme unserer Grenzen verbinden.
Ansprache im Dom zu Freising, 14. September 2006


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Wir haben gesehen…
Der Verfasser des Briefes [1. Johannesbrief] sagt von sich: "Wir haben gesehen." Weil er gesehen hat, kann er Zeuge sein. Er setzt aber voraus, dass wir – die nachfolgenden Generationen – sehend zu werden vermögen und dass auch wir als Sehende Zeugnis ablegen können. Bitten wir den Herrn, dass er uns sehend macht. Helfen wir uns gegenseitig zum Sehen, damit wir auch die Menschen unserer Zeit sehend machen können und dass sie durch die ganze selbstgemachte Welt hindurch Gott wieder erkennen können; durch alle historischen Barrieren hindurch Jesus wieder wahrnehmen dürfen, den von Gott gesandten Sohn, in dem wir den Vater sehen.
Ansprachen bei Ökumenischer Vesper im Regensburger Dom, 12. September 2006



Zeuge für die Weise des Lebens
Im Vers 9 [1. Johannesbrief] heisst es, das Gott den Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir leben. Können wir nicht heute sehen, dass erst durch die Begegnung mit Jesus Christus das Leben wirklich Leben wird? Zeuge für Jesus Christus sein bedeutet vor allem auch: Zeuge für eine Weise des Lebens sein. In einer Welt voller Verwirrung müssen wir wieder Zeugnis geben von den Massstäben, die Leben zu Leben machen. Dieser grossen gemeinsamen Aufgabe aller Glaubenden müssen wir uns mit grosser Entschiedenheit stellen: Es ist die Verantwortung der Christen in dieser Stunde, jene Massstäbe rechten Lebens sichtbar zu machen, die uns in Jesus Christus aufgegangen sind, der alle Worte der Schrift in seinem Weg vereinigt hat: "Auf ihn sollt ihr hören" (Mk 9,7).
Ansprache bei Ökumenischer Vesper im Regensburger Dom, 12. September 2006



Im Alltag neu entfalten
Agape, Liebe, wie Johannes sie uns lehrt, ist nichts Sentimentales und nichts Verstiegenes; sie ist ganz nüchtern und realistisch. Ein wenig darüber habe ich in meiner Enzyklika Deus caritas est zu sagen versucht. Die Agape, die Liebe ist wirklich die Summe von Gesetz und Propheten. Alles ist in ihr "eingefaltet", muss aber im Alltag immer neu entfaltet werden. Im Vers 16 unseres Textes [1. Johannesbrief] findet sich das wundervolle Wort: "Wir haben der Liebe geglaubt." Ja, der Liebe kann der Mensch glauben. Bezeugen wir unseren Glauben so, dass er als Kraft der Liebe erscheint, "damit die Welt glaube" (Joh 17,21). Amen.
Ansprache bei Ökumenischer Vesper im Regensburger Dom, 12. September 2006


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Nicht nur Werte des Reiches, sondern Reich Gottes
Wenn ihr den einzelnen Menschen helft, die Liebe Christi zu erkennen und zu erfahren, werdet ihr in ihnen den Wunsch wecken, im Haus des Herrn zu wohnen und am Leben der Kirche teilzuhaben. Das ist unsere Sendung. Sie ist Ausdruck unserer kirchlichen Natur und stellt sicher, dass jede Initiative der Evangelisierung zugleich die christliche Identität stärkt. In dieser Hinsicht müssen wir erkennen, dass jede Verkürzung der zentralen Botschaft Jesu , also des "Reiches Gottes", auf ein vages Reden von "Werten des Reiches" die christliche Identität schwächt und dem Beitrag der Kirche zur Erneuerung der Gesellschaft ihre Kraft nimmt. Wenn "glauben" durch "tun" ersetzt wird und das Zeugnis durch eine Erörterung von "Fragen", dann ist es dringend notwendig, die tiefe Freude und das ehrfurchtsvolle Staunen der ersten Jünger wiederzuerlangen, denen in der Gegenwart des Herrn das Herz "in der Brust brannte" und sie drängte, zu erzählen, "was sie erlebt" hatten (vgl. Lk 24,32;35).
"Ad-limina"-Besuch der Bischöfe aus Ontario (Kanada), 8. September 2006



Glauben konsequent leben
Der wahre Jünger wächst und reift in der Familie, in der Gemeinschaft der Pfarrei und der Diözese; er wird zum Missionar, wenn er die Person Christi und sein Evangelium in allen Bereichen verkündet: in der Schule, der Wirtschaft, der Kultur, der Politik und den sozialen Kommunikationsmitteln. Vor allem, die häufig auftretenden Phänomene der Ausbeutung und Ungerechtigkeit, der Korruption und Gewalttätigkeit sind ein dringender Aufruf an die Christen, ihren Glauben konsequent zu leben, um eine sorgfältige Bildung in Lehre und Spiritualität bemüht zu sein und so zum Aufbau einer gerechteren, menschlicheren und christlichen Gesellschaft beizutragen.
Ansprache an die Päpstliche Kommission für Lateinamerika, 20. Januar 2007



Seid leuchtende Lampen!
Jesus hat Johannes eine brennende und leuchtende Lampe genannt (vgl. Joh 5,35). Seid auch ihr solche Lampen! Lasst euer Licht hineinleuchten in unsere Gesellschaft, in die Politik, in die Welt der Wirtschaft, in die Welt der Kultur und der Forschung. Wenn es auch nur ein kleines Licht sein mag inmitten vieler Irrlichter, so bekommt es seine Kraft und seinen Glanz doch von dem grossen Morgenstern, dem auferstandenen Christus, dessen Licht leuchtet - durch uns leuchten will - und das nicht untergehen wird.
Ansprache bei der Vesper in Mariazell, 8. September 2007



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Ihr seid Integrationsfiguren
Ebenso sind Sie [die Skisportler] nach innen, in Ihrer Heimat, wo der Wintersport einen hohen Stellenwert geniesst, gewissermassen auch Integrationsfiguren. Dies liegt nicht nur an Ihren grossen sportlichen Leistungen, die viele Menschen mit Bewunderung verfolgen, sondern auch an den Tugenden und Werten, die den Sport in besonderer Weise auszeichnen: Ausdauer, Zielstrebigkeit, Einsatz- und Opferbereitschaft, innere und äussere Disziplin, Achtung vor dem anderen, Teamgeist, Solidarität, Gerechtigkeit, Fairness, Bewusstsein eigener Fehlbarkeit und andere mehr. Dies sind Tugenden, die auch im Alltag einen wichtigen Platz haben und immer wieder neu trainiert werden müssen. Ihnen, meine lieben Sportlerinnen und Sportler, kommt eine nicht unbedeutende Rolle in der Gesellschaft zu, wenn sie diesen Haltungen und Überzeugungen ein Gesicht verleihen und sie über Ihre sportlichen Aktivitäten hinaus im Familiären, sozialen, kulturellen und religiösen Engagement authentisch verkörpern. Dies kann besonders für die jungen Menschen ein wertvoller Beitrag sein angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen, des zunehmenden Verlusts an Werten und einer wachsenden Orientierungslosigkeit.
Ansprache an die Mitglieder der Österreichischen Alpinen Skinationalmannschaft, 6. Oktober 2007



Der Sinn des Sports
Beim Sport geht es um den ganzen Menschen. Leib, Geist und Seele bilden eine Einheit und müssen in Einklang zueinander stehen. Sie selbst wissen, wie notwendig diese innere Harmonie ist, um anhaltend sportliche Leistung auf höchstem Niveau erzielen zu können. Auch der Spitzensport muss dabei stets auf dieser ganzheitlichen Sicht des Menschen gründen, den Menschen in seiner Würde anerkennen und bei der Entwicklung und Reifung der eigenen Persönlichkeit fördern. Andernfalls greift er zu kurz, bleibt er bei einem rein materiellen Leistungsdenken stehen und kann auch seiner wichtigen sozialen Funktion nicht gerecht werden. Sportliche Aktivität hilft dem Menschen schliesslich, seine Begabungen und Fähigkeiten, seine Vitalität, sein Leben als Geschenk Gottes zu erfahren. Sport muss daher durchsichtig sein auf Gott hin, unseren Schöpfer. In diesem Sinn greift der Apostel Paulus das Bild des sportlichen Wettkampfs auf, um an die höhere Berufung des Menschen zu erinnern: "Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so dass ihr ihn gewinnt. Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies um einen vergänglichen, wir aber um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen" (1 Kor 9,24-25).
Ansprache an die Mitglieder der Österreichischen Alpinen Skinationalmannschaft, 6. Oktober 2007



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Die Berufung der Apotheker
Der Apotheker muss jeden zu grösserer Menschlichkeit einladen, damit jedes Leben vom Augenblick seiner Empfängnis an bis zu seinem natürlichen Tod geschützt wird und die Pharmaka tatsächlich ihre therapeutische Funktion erfüllen. Anderseits darf keine Person bedenkenlos als Objekt benutzt werden, um therapeutische Experimente vorzunehmen; diese müssen gemäss den Protokollen unter Achtung der ethischen Grundregeln durchgeführt werden. Jede Behandlung, jedes Experiment muss ein eventuelles besseres Befinden der Person und nicht nur die Suche nach wissenschaftlichen Fortschritten zum Ziel haben. Das streben nach dem Wohl der Menschheit darf nicht zum Nachteil des Wohls der Patienten erfolgen. Auf moralischem Gebiet ist Ihr Verband eingeladen, die Frage der Weigerung aus Gewissensgründen anzugehen, die ein Recht ist, das Ihrem Berufsstand zuerkannt werden muss, indem es Ihnen erlaubt weder direkt noch indirekt an der Lieferung von Produkten mitzuwirken, die eindeutig unmoralischen Zwecken dienen, wie zum Beispiel der Abtreibung und der Euthanasie. Es ist angebracht, dass sich die verschiedenen pharmazeutischen Strukturen wie Laboratorien und Krankenhäuser und alle unsere Zeitgenossen um Solidarität im therapeutischen Bereich bemühen, damit in jedem Land allen Bevölkerungsgruppen, insbesondere den ärmsten Schichten, der Zugang zu Behandlung und zu Medikamenten der Grundversorgung ermöglicht wird.
Ansprache an die Teilnehmer des Internationalen Kongresses der katholischen Apotheker, 29. Oktober 2007



Das Mitsein mit Jesus
In der jüngsten Enzyklika Spe salvi über die christliche Hoffnung wollte ich den "gemeinschaftlichen Charakter der Hoffnung" hervorheben(Nr.14). "Das Mitsein mit Jesus Christus", so schrieb ich, "nimmt uns in sein "für alle" hinein, macht uns zu unserer Seinsweise. Es verpflichtet uns für die andern, aber im Mitsein mit ihm wird es auch überhaupt erst möglich, wirklich für die anderen, fürs Ganze da zu sein", denn es besteht ein "Zusammenhang von Gottesliebe und Verantwortung für die Menschen" (ebd.,28), der erlaubt, dass wir nicht in den Individualismus des Heils und der Hoffnung zurückfallen. Ich glaube, dass man dieses fruchtbringende Prinzip gerade in der synodalen Erfahrung wirksam angewandt sehen kann, wo die Begegnung zur Gemeinschaft wird und die Sorge für die Kirchen (vgl. 2Kor 11,28) in der Sorge für alle aufscheint.
Ansprache für die Mitglieder des ordentlichen Rates des Generalsekretariats der Bischofssynode, 21. Januar 2008



Was wir tun können
Wir können unser Leben und die Welt von den Vergiftungen und Verschmutzungen freimachen, die Gegenwart und Zukunft zerstören könnten. Wir können die Quellen der Schöpfung freilegen und reinhalten und so mit der Schöpfung, die uns als Gabe vorausgeht, ihrem inneren Anspruch und ihrem Ziel gemäss das Rechte tun. Dies behält Sinn, auch wenn wir äusserlich erfolglos bleiben oder ohnmächtig zu sein scheinen gegenüber dem Übergewicht der entgegengesetzten Mächte. So kommt einerseits aus unserem Tun Hoffnung für uns und für die anderen; zugleich aber ist es die grosse Hoffnung auf die Verheissungen Gottes, die uns Mut und Richtung des Handelns gibt in guten wie in bösen Stunden.
Spe salvi 35, 30. November 2007



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Die Weitergabe der rechten Lehre mit dem persönlichen Zeugnis verbinden
In bezug auf die Katecheten und die Animatoren der Gemeinden sollte insbesondere daran erinnert werden, dass sie die Weitergabe der rechte Lehre verbinden müssen mit dem persönlichen Zeugnis, mit dem festen Vorsatz, nach den Geboten des Herrn zu leben, und mit der lebendigen Erfahrung, treue und aktive Mitglieder der Kirche zu sein. Dieses Lebensvorbild ist in der Tat notwendig, damit ihre Unterweisung keine blosse Weitergabe theoretischer Kenntnisse über die Geheimnisse Gottes bleibt, sondern zur Annahme eines christlichen Lebenswandels führt. Das war bereits in der Alten Kirche Entscheidend, wo am Ende geprüft wurde, ob die Katechumenen "ihr Katechumenat richtig gelebt, die Witwen geehrt, die Kranken besucht und gute Werke vollbracht haben" (Traditio Apostolica, 20).
"Ad-limina"-Besuch der Bischofskonferenz von Costa Rica, 8. Februar 2008



Zeugen des Wertes des Lebens sein
In der Nachfolge Christi sind sie [die kirchlichen Mitarbeiter] berufen, Zeugen des Wertes des Lebens in allen seinen Erscheinungsformen zu sein und besonders das Leben der Schwachen und Kranken zu verteidigen, nach dem Vorbild der seligen Mutter Teresa von Kalkutta; sie liebte die Sterbenden und nahm sich ihrer an, weil sich das Leben nicht von seiner Leistungsfähigkeit her bemisst, sondern immer und für alle einen Wert hat.
An zweiter Stelle sind diese kirchlichen Mitarbeiter berufen, Zeugen der Liebe zu sein, also der Tatsache, dass wir dann vollkommen Männer und Frauen sind, wenn wir auf den anderen ausgerichtet leben, und Zeugen dafür, dass niemand für sich selbst sterben und leben kann und dass man das Glück nicht in der Einsamkeit eines in sich selbst zurückgezogenen Lebens findet, sondern in der Hingabe seiner selbst.
Schliesslich muss derjenige, der im kirchlich Bereich arbeitet, Zeuge Gottes sein, der die Fülle der Liebe ist und zu lieben einlädt. Die Quelle allen Handelns des kirchlichen Mitarbeiters liegt in Gott, der Schöpferliebe und Erlöser ist. Wie ich in der Enzyklika Deus caritas est geschrieben habe, können wir die Liebe tun, weil wir nach Gottes Bild geschaffen sind, um "die Liebe zu verwirklichen und damit das Licht Gottes in die Welt einzulassen" (Nr. 39): Eben dazu wollte ich mit dieser Enzyklika einladen.
Ansprache an die Teilnehmer an der Vollversammlung des Päpstlichen Rates "Cor Unum", 29. Februar 2008



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An die hohen Werte des Daseins erinnern
Der in den vergangenen Jahrzehnten von vielen Intellektuellen angekündigte "Tod Gottes" ist einem unfruchtbaren Kult der Individualität gewichen. Vor diesem kulturellen Hintergrund besteht die Gefahr einer geistlichen Atrophie und einer Leere des Herzens, die bisweilen von Ersatzformen religiöser Zugehörigkeit und einem vagen Spiritualismus gekennzeichnet sind. Wie sich zeigt, ist es mehr denn je dringend, einem derartigen Abdriften entgegenzuwirken, indem wir an jene hohen Werte des Daseins erinnern, die dem Leben Sinn verleihen und die Unruhe des nach Glück strebenden menschlichen Herzens lindern können: die Würde des Menschen und seine Freiheit, die Gleichheit aller Menschen, den Sinn des Lebens, des Todes und dessen, was uns nach unserem irdischen Daseins erwartet.
Ansprache für die Teilnehmer an der Vollversammlung des Päpstlichen Rates für die Kultur, 8. März 2008



Auswirkungen der Globalisierung
Durch die Globalisierung steht die Menschheit zwischen zwei Extremen. Einerseits gibt es ein immer grösseres Bewusstsein von der gegenseitigen Verbundenheit und Abhängigkeit unter den Völkern, auch wenn sie geographisch und kulturell weit voneinander entfernt sind. Diese neue Situation birgt Möglichkeiten in sich, ein gemeinsames Bewusstsein für globale Solidarität und gemeinsame Verantwortung für das Wohl der Menschheit zu fördern.
Andererseits lässt sich nicht leugnen, dass durch die rapiden Veränderungen in unserer Welt auch besorgniserregende Zeichen der Zersplitterung und des Rückzugs in den Individualismus sichtbar werden. Der expandierende Gebrauch elektronischer Kommunikationsmittel hat in einigen Fällen paradoxerweise zu grösserer Isolierung geführt. Viele auch junge Menschen suchen daher nach authentischeren Formen der Gemeinschaft. Sehr besorgniserregend ist auch die Verbreitung einer säkularistischen Ideologie, die die Transzendente Wahrheit untergräbt oder sogar ablehnt. Selbst die Möglichkeit einer göttlichen Offenbarung und daher des christlichen Glaubens wird durch kulturelle Strömungen, die im akademischen Bereich, in den Massenmedien und in der öffentlichen Diskussion weit verbreitet sind, oft in Frage gestellt.
Daher ist eine treues Zeugnis für das Evangelium dringender erforderlich als je zuvor. Die Christen sind herausgefordert, Rede und Antwort zu stehen über die Hoffnung, die sie erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).
Ansprache bei Ökumenischer Begegnung in der Pfarrei "St. Joseph" in New York, 18. April 2008



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Ein gemeinsames Zeugnis geben
Nur allzuoft sind die Nichtchristen, wenn sie die Spaltungen christlicher Gemeinschaften sehen, verständlicherweise über die Botschaft des Evangeliums selbst verwirrt. Wesentliche christliche Glaubenssätze und Praktiken werden in den Gemeinden manchmal durch sogenannte "prophetische Gesten " verändert, die auf einer Hermeneutik gründen, die nicht immer im Einklang mit der Schrift und der Überlieferung steht. Folglich geben die Gemeinschaften den Versuch auf, als ein Leib zu handeln, und wollen statt dessen als "lokale Optionen" in Erscheinung treten. Irgendwo geht in diesem Prozess die Notwendigkeit einer "diachronischen koinonia" - einer Gemeinschaft mit der Kirche aller Zeiten - verloren, und das gerade zu der Zeit, in der die Welt die Orientierung verliert und ein überzeugendes gemeinsames Zeugnis von der rettenden Kraft des Evangeliums braucht (vgl. Röm 1,18-23).
Ansprache bei Ökumenischer Begegnung in der Pfarrei "St. Joseph" in New York, 18. April 2008



Freimütig Zeugnis ablegen
Nur wenn wir "festhalten" an der gesunden Lehre (2 Thess 2,15;vgl. Off 2,13-29), werden wir in der Lage sein, den Herausforderungen zu begegnen, denen wir in einer Welt gegenüberstehen die sich ständig weiterentwickelt. Nur so werden wir unmissverständlich von der Wahrheit des Evangeliums und seiner Morallehre Zeugnis geben. Das ist die Botschaft, die die Welt von uns erwartet. Wie die Urchristen haben wir eine Verantwortung, freimütig Zeugnis abzulegen von der "Hoffnung, die uns erfüllt", damit die Augen aller Männer und Frauen guten Willens geöffnet werden und sehen, dass Gott uns sein Angesicht gezeigt (vgl.2 Kor 3,12-18) und uns durch Jesus Christus zu seinem göttlichen Leben Zugang gewährt hat. Er allein ist unsere Hoffnung! Gott hat seine Liebe zu allen Völkern durch das Geheimnis des Leidens und des Todes seines Sohnes offenbart. Er hat uns berufen zu verkündigen, dass er wahrhaft auferstanden ist und den Platz zur Rechten des Vaters eingenommen hat. Er "wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten" ( Nizänisches Glaubensbekenntnis).
Ansprache bei Ökumenischer Begegnung in der Pfarrei "St. Joseph" in New York, 18. April 2008



Unterricht in katholischer Lehre und Glaubenspraxis sicherstellen
Die Lehrer und das Verwaltungspersonal sowohl an den Universitäten wie an den Schulen haben die Aufgabe und das Privileg sicherzustellen, dass die Schüler und Studenten Unterricht in katholischer Lehre und Glaubenspraxis erhalten. Das verlangt, dass das öffentliche Zeugnis über den Weg Jesu, wie es im Evangelium begründet und vom Lehramt der Kirche gestützt wird, alle Aspekte des Lebens einer Einrichtung, sowohl innerhalb wie ausserhalb der Klassenräume, prägt. Ein Abweichen von dieser Vision schwächt die katholische Identität und führt, weit davon entfernt, die Freiheit zu fördern, unweigerlich zu Verwirrung, sei es auf moralischer, intellektueller oder geistiger Ebene.
Ansprache bei Besuch der Katholischen Universität in Washington D.C., 16. April 2008



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Zeugnis für die Hoffnung geben
Hier möchte ich einen besonderen Appell an die Ordensbrüder, Ordensschwestern und Priester richten: Geben Sie das Schulapostolat nicht auf; erneuern Sie Ihr Engagement an den Schulen, besonders an solchen in ärmeren Gegenden. An Schulen, wo es viele leere Versprechungen gibt, die die jungen Menschen vom Pfad der Wahrheit und der echten Freiheit weglocken, ist das Zeugnis geweihter Personen für die evangelischen Räte ein unersetzliches Geschenk. Ich ermutige die anwesenden Ordensleute, die Berufungen mit neuem Enthusiasmus zu fördern. Sie sollen wissen, dass ihr Zeugnis für das Ideal der Weihe und den Auftrag unter den jungen Menschen eine Quelle grosser Glaubensinspiration für sie und ihre Familien ist.
Ihnen allen sage ich: Geben Sie Zeugnis für die Hoffnung! Stärken Sie Ihr Zeugnis durch das Gebet! Geben Sie Rechenschaft für die Hoffnung, die Ihr Leben prägt (vgl.1Petr 3,15), indem Sie die Wahrheit leben, die Sie Ihren Studenten vorlegen. Helfen Sie ihnen, den Einen, dem Sie begegnet sind, dessen Wahrheit und Güte Sie mit Freude erfahren haben, kennenzulernen und zu lieben. Lasst uns mit dem Hl. Augustinus sagen: "Wir, die wir sprechen, und ihr, die ihr zuhört, erkennen uns als Jünger eines einzigen Herrn" (Predigten, 23,2).
Ansprache bei Besuch der Katholischen Universität in Washington D.C., 16. April 2008



Die Welt braucht das Zeugnis der Ordensleute
Euch, liebe Ordensmänner und Ordenfrauen, denen ich für ihre Anwesenheit danke, bekräftige ich, dass die Welt euer Zeugnis und euer Gebet braucht. Lebt eure Berufung in der täglichen Treue und macht euer Leben zu einem wohlgefälligen Opfer vor Gott: Die Kirche ist euch dankbar und ermutigt euch, in eurem Dienst auszuharren.
Predigt bei Eucharistiefeier in Savona, 17. Mai 2008



Das Licht das in der Welt leuchtet
Mein Wunsch für alle ist, dass der Glaube an den dreieinigen Gott jedem Menschen und jeder Gemeinschaft die Glut der Liebe und der Hoffnung einflösse, die Freude, sich als Brüder zu lieben und sich demütig in den Dienst der anderen zu stellen. Das ist der "Sauerteig", der die Menschheit wachsen lässt, das Licht , das in der Welt leuchtet.
Predigt bei Eucharistiefeier in Savona, 17. Mai 2008



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Glaubwürdige Zeugen sein
Um "zur Hoffnung zu erziehen" [...], ist es vor allem notwendig, Gott unser Herz, unseren Verstand und unser Leben zu öffnen, um so unter unseren Mitmenschen seine glaubwürdigen Zeugen zu sein.
Ansprache bei der Eröffnung des Pastoralkongresses der Diözese Rom, 9. Juni 2008



Zeichen und Werkzeuge des Mitleids sein
Beseelt von der Hoffnung, in der ihr gerettet worden seid, sollt auch ihr, [...] Zeichen und Werkzeug des Mitleids, des Erbarmens Christi sein. Dem Bischof und den Priester wiederhole ich eindringlich die Worte des göttlichen Meisters: "Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben" (Mt 10,8). Dieser Auftrag ergeht auch heute vor allem an euch. Der Geist, der in Christus und in den Zwölf wirkte, ist derselbe, der in euch wirkt und der es euch gestattet, unter euren Mitbürgern auf diesem Territorium Zeichen des Reiches der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens zu vollbringen - des Reiches, das in die Welt kommt, mehr noch: das schon in der Welt ist.
Predigt bei Eucharistiefeier im Hafen von Brindisi, 15. Juni 2008



Zeugnis und Liebe müssen zusammengehen
Liebe Freunde, wir wissen gut - denn Jesus, der Herr, hat sich dazu sehr klar geäussert -, dass die Wirksamkeit des Zeugnisses im Verhältnis steht zur Intensität der Liebe. Es nützt nichts, bis an die Grenzen der Erde zu gehen, wenn man nicht vorher innerhalb der eigenen christlichen Gemeinschaft einander wohlgesonnen ist und sich gegenseitig hilft.
Predigt beim Gottesdienst vor dem Marienheiligtum in Santa Maria di Leuca, 14. Juni 2008



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In die Schule der Heiligen gehen
Die Eucharistie nimmt im Leben der Heiligen einen ganz besonderen Platz ein.[...] Geht in ihre Schule, seid ohne Furcht wie sie; Gott ist mit euch und beschützt euch; mach aus jedem Tag eine Gabe zur Ehre Gottes, des Vaters, und übernehmt euren Teil beim Aufbau der Welt und erinnert euch voll Stolz eures religiösen Erbes und seiner sozialen und kulturellen Ausstrahlung und sorgt dafür, um euch herum die moralischen und geistlichen Werte auszustrahlen, die vom Herrn kommen.
Predigt bei Eucharistiefeier zum Abschluss des Eucharistischen Kongresses in Québec, 22. Juni 2008



Wir sollen Seine Zeugen sein
Liebe Freunde, bei euch zu Hause, in euren Schulen und Universitäten, an euren Arbeitsplätzen und in der Freizeit erinnert euch daran, dass Ihr eine neue Schöpfung seid! Als Christen steht Ihr in dieser Welt in dem Wissen, dass Gott ein menschliches Angesicht hat - Jesus Christus -, der "Weg", der alles menschliche Sehnen befriedigt, und das "Leben", von dem Zeugnis zu geben wir berufen sind, indem wir immer in seinem Licht wandeln (vgl. Ritus der Taufe, 100).
Die Aufgabe des Zeugen ist nicht leicht. Es gibt heute viele, die fordern, Gott müsse "auf der Ersatzbank" gelassen werden und Religion und Glauben, die zwar für die einzelnen gut sind, müssten aus dem öffentlichen Leben entweder gänzlich ausgeschlossen oder aber nur zur Verfolgung begrenzter pragmatischer Ziele eingesetzt werden. Diese säkularisierte Sichtweise versucht, mit wenig oder gar keinem Bezug auf den Schöpfer menschliches Leben zu erklären und die Gesellschaft zu formen. Sie stellt sich selbst als neutral, als unparteiisch und daher für jeden offen vor.
In Wirklichkeit aber drängt der Säkularismus wie jede Ideologie eine bestimmte Sicht der Welt auf. Wenn Gott für das öffentliche Leben irrelevant ist, dann wird die Gesellschaft nach einem gottlosen Bild geformt. Aber wenn Gott in den Schatten gestellt wird, schwindet unsere Fähigkeit, die natürliche Ordnung, ihr Ziel und das "Gute" zu erkennen, allmählich dahin. Was prahlerisch als menschliche Genialität gefördert wurde, erweist sich bald als Torheit, Gier und egoistische Ausbeutung. Und so sind wir uns immer mehr bewusst geworden, wie dringend wir angesichts der heiklen Komplexität von Gottes Welt der Demut bedürfen.
Ansprache bei Willkommensfeier auf den Hafengelände in Sydney, 17. Juli 2008



Grossherzig leben
Eine der vielen Weisen, wie die Religion im Dienst der Menschheit steht, besteht im Anbieten einer Sicht des Menschen, die das uns angeborene Streben hervorhebt, grossherzig zu leben und Bande der Freundschaft mit unseren Mitmenschen zu knüpfen. In ihrem Kern können menschliche Beziehungen nicht mit Begriffen der Macht, der Herrschaft und des Eigeninteressens erklärt werden. Sie bezeugen und vervollkommnen vielmehr die natürliche Neigung des Menschen, in Gemeinschaft und in Einklang mit anderen zu leben.
Ansprache bei Interreligiöser Begegnung in Sydney, 18. Juli 2008



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Religion ist keine Privatsache
Ebenso wie der Altar sind auch wir geweiht worden, "ausgesondert" für den Dienst an Gott und für den Aufbau seines Reiches. Allzu oft sehen wir uns jedoch in eine Welt hineingestellt, die Gott "beiseite schieben" möchte. Im Namen der menschlichen Freiheit und Autonomie wird Gottes Name schweigend übergangen, Religion auf private Frömmigkeit reduziert und der Glaube in der Öffentlichkeit gemieden. Manchmal kann diese mit dem Wesen des Evangeliums so völlig unvereinbare Mentalität sogar unser Verständnis von der Kirche und ihrer Mission verdunkeln. Auch wir können versucht sein, das Glaubensleben zu einer reinen Gefühlssache zu machen und so seine Kraft zu verringern, eine konsequente Weltsicht und einen rigorosen Dialog mit den vielen anderen Ansichten zu inspirieren, die um den Geist und das Herz unserer Zeitgenossen wetteifern.
Predigt bei Eucharistiefeier mit Bischöfen, Seminaristen und jungen Ordensangehörigen, 19. Juli 2008



Die Laien sind zum Zeugnis aufgerufen
Zur Teilnahem an der Verbreitung des Evangeliums seid in zunehmend bedeutendem Mass auch Ihr, liebe Laien, aufgerufen, die Ihr in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft tätig seid. Es öffnet sich vor Euch ein komplexer und vielfältiger Areopag, den es zu evangelisieren gilt: die Welt. Zeugt mit Eurem Leben davon, dass die Christen "einer neuen Gesellschaft zugehören, zu der sie miteinander unterwegs sind, und die in ihrer Wanderschaft antizipiert wird" (vgl. Spe salvi, 4).
Botschaft zum Weltmissionssonntag am 26. Oktober 2008, Botschaft datiert 11. Mai 2008



Gott entdecken!
Der Heilige Geist, […] er wird euch zu Zeugen Christi machen - nicht mit Worten, sondern mit Taten, mit einer neuen Art von Leben. Ihr werdet keine Angst mehr haben, eure Freiheit zu verlieren, weil ihr sie in Fülle haben werdet, wenn ihr sie aus Liebe hingebt. Ihr werdet nicht mehr an materiellen Gütern hängen, denn ihr werdet in euch die Freude spüren, sie mit anderen zu teilen. Ihr werdet nicht mehr die Traurigkeit der Welt verspüren, sondern Schmerz empfinden über das Böse und Freude über das Gute, besonders über die Barmherzigkeit und die Vergebung.
Und wenn es so ist, wenn ihr im Antlitz Christi wirklich Gott entdeckt habt, dann werdet ihr die Kirche nicht mehr als eine Institution verstehen, die nichts mit euch selbst zu tun hat. Sondern als eure geistliche Familie - so wie wir sie jetzt, in diesem Augenblick, erleben. Das ist der Glaube, den euch eure Väter weitergegeben haben. Heute, in ganz anderen Zeiten, seid ihr aufgerufen, diesen Glauben zu leben.
Ansprache bei Begegnung mit den Jugendlichen in Cagliari, 7. September 2008



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Habt keine Angst!
Indem er [der Heilige Geist] euch enthüllt, wer der gestorbene und auferstandenen Christus ist, spornt er euch dazu an, Zeugnis zu geben. Ihr müsst unbedingt von Christus reden - in eurer Umgebung, bei euren Familien und Freunden, an euren Studien- und Arbeitsplätzen oder in der Freizeit. Habt keine Angst! Habt „den Mut, das Evangelium zu leben, und die Beherztheit es zu verkünden!“ (Botschaft zum 23. Weltjugendtag, 20. Juli 2007).
Gebetsvigil mit den Jugendlichen in Paris, 12. September 2008



Bemühen wir uns?
Wer ist dieser Fels, wenn nicht Christus selber? Unsere Gedanken, unsere Worte und unser Tun erlangen ihre wahre Dimension nur, wenn wir sie auf die Botschaft des Evangeliums beziehen: „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund“ (Lk 6,45). Bemühen wir uns beim Sprechen um das Wohl unseres Gesprächspartners? Bemühen wir uns beim Denken, unsere Gedanken mit dem Denken Gottes in Einklang zu bringen? Bemühen wir uns beim Handeln, die Liebe zu verbreiten, die uns Leben schenkt?
Predigt bei der Eucharistiefeier in Paris, 13. September 2008